Ethikkomitee Rosenheim und FuW
Auch am Lebensende geht es mit Recht zu
Es ist ein gemischtes Publikum, das den Weg in den Konferenzraum gefunden hat: viele Ärzte und Ärztinnen, zudem Pflegende, Therapeuten und andere Interessierte. Die interdisziplinäre Runde an diesem Abend spiegelt wider, was der Ethikarbeit bei RoMed zugrunde liegt: Alle beteiligten Stimmen in einer ethisch herausfordernden Situation zu Gehör zu bringen, damit ein Fall angemessen erhellt und hernach eine ethisch vertretbare Empfehlung abgegeben werden kann. Neben der ärztlichen Fürsorgepflicht ist in der ethischen Fallbesprechung vor allem das Prinzip der Patientenautonomie von Bedeutung. Sie steht auch an diesem Vortragsabend im Fokus: Es geht um selbstbestimmtes Sterben und den Umgang mit dem Patientenwillen am Lebensende. Auf Einladung des Ethikkomitees RoMed Rosenheim ist Wolfgang Putz zu Gast, Rechtsanwalt und Medizinrechtler aus München und ein deutschlandweit gefragter Experte auf seinem Gebiet. Er zieht die Zuhörenden rasch in seinen Bann, wenn er von seinen jahrelangen Erfahrungen erzählt und zeigt sich als engagierter Kämpfer für den Patientenwillen.
Es geht um das Zusammenspiel von ärztlicher Behandlung, Indikation und Patientenwille, die Rolle der Angehörigen und klare rechtliche Vorgaben und Abgrenzungen. Putz' Plädoyer: Humanes Leben heißt auch, human sterben zu können. Er appelliert an die Behandlerseite, genau hinzuschauen, ob Lebensverlängerung nicht auch Leidensverlängerung mit sich bringe, und erklärt, was man wissen muss, um juristisch korrekt und im Sinne des – freiverantwortlichen – Patientenwillen zu handeln.
Putz kommt auch auf die Patientenverfügung zu sprechen – ein Schriftstück, das greifen soll für den Fall, dass man sich in einer schwierigen gesundheitlichen Situation selbst nicht mehr zu weiteren Behandlungsmaßnahmen äußern kann. Er "entzaubert" die Verfügung ein wenig, als er sagt, dass sie "für eine Situation gemacht ist, von der wir keine Ahnung haben wie sie sein wird." Er empfiehlt, konkrete Behandlungsverbote in das Dokument aufzunehmen, denn "Sie können dem Arzt nichts vorschreiben, aber Sie können ihm alles verbieten". Außerdem sei ein regelmäßiges Update des Dokuments hilfreich. Und wenn keine Verfügung vorhanden ist? Auch dann sei es Aufgabe der Behandelnden, den wahren Willen des Patienten zu erforschen.
Viele der Anwesenden kennen das Thema aus ihrem Arbeitsalltag, und so entsteht im Anschluss an den Vortrag ein reger Austausch mit dem Publikum. So beklagen Ärzte das Spannungsfeld von Grenzen der Weiterbehandlung, Patientenwürde und dem Druck durch Angehörige, die auch mal mit juristischen Schritten drohten. Es ist eben ein Thema, das persönlich herausfordernd und emotional belastend ist – für alle Beteiligten. Gerade dann gebiete es der Respekt vorm Patientenwillen, diesen auch durchzusetzen und alle Kräfte dafür aufzubringen – wenn notwendig auch juristisch, so Putz. Auch wenn die Entscheidung eines Patienten für einen selbst noch so schwer nachvollziehbar sei, solange der Mensch freiverantwortlich* handelt, müsse sein Wille geachtet werden.
Und es ist ein Thema, das jede und jeden von uns angeht, denn wir alle gehen diesen letzten Weg. Sich sicher sein zu können, dass dann alles Würdevolle für eine/n getan wird, ist ein beruhigendes Gefühl.
* Freiverantwortlichkeit = Fähigkeit und Recht einer Person, Entscheidungen selbstständig und unabhängig zu treffen, basierend auf ihrem eigenen Willen und ihren Überzeugungen
Bei RoMed gibt es an allen Klinikstandorten Ethikkomitees, in denen Mitarbeitende unterschiedlicher Berufsgruppen vertreten sind. Die Ethikkomitees beraten betroffene MitarbeiterInnen in schwierigen ethischen Entscheidungssituationen – PatientInnen, Angehörige/Betreuer, Mitarbeitende – einzeln oder in Teams. Es gibt Ethikberatung vor Ort, Fallbesprechungen vor Ort sowie Angebote zur Fortbildung für RoMed-Mitarbeitende und externe Teilnehmende.
RoMed Fort- und Weiterbildung bietet schwerpunktmäßig gesundheitsfachbezogene Fortbildungen an, darunter Veranstaltungen zu interdisziplinären Themen wie Ethik, Kommunikation oder Resilienz.
Ihre Ansprechperson für das Thema Ethik: Anja Müller, Tel. 08031/365-3831 oder
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